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BBFK 2024

Berufsbildung in Zeiten des Mangels

Handlungserfordernisse
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9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Abstracts 2012

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Abstract

Berufserfahrung: Eine Chance zum Erwerb eines Berufsabschlusses? – Zur Bedeutung der Externenprüfung im deutschen Berufsbildungssystem

Von:
Ebbinghaus, Margit; Bundesinstitut für Berufsbildung, Deutschland
Krekel, Elisabeth M.; Bundesinstitut für Berufsbildung, deutschland

Session: 2
Zeit: Donnerstag, 05.07.2012, 16:30 - 18:30
Ort: FH Saal D
Typ: Paper



Aktuelle Prognosen zum Arbeitsmarkt in Deutschland verweisen auf einen Rückgang geringqualifi-zierter Tätigkeiten und eine relative Konstanz von Tätigkeiten auf mittlerem Qualifikationsniveau (Helmrich und Zika 2010). Damit haben Personen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung gute Chancen auf einen Arbeitsplatz, wohingegen es für an- und ungelernte Personen in Zukunft noch schwieriger wird, Zugang zum Beschäftigungssystem zu erhalten. Aufgrund dieser Entwicklungen wird es für An- und Ungelernte zunehmend wichtig, ihre durch Berufspraxis erworbenen Qualifikationen arbeitsmarktverwertbar anerkennen zu lassen.

Ein einschlägiges Instrument hierfür ist in Deutschland die Externenprüfung. Sie ermöglicht es, auch ohne vorangegangene Berufsausbildung einen qualifizierten Berufsabschluss in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf zu erwerben. Das Instrument wurde 1969 mit Inkrafttreten des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) eingeführt. Im Rahmen der Novellierung des BBiG im Jahre 2005 wurde das Instrument beibehalten, die Voraussetzungen, um an der Externenprüfung teilnehmen zu können, wurden allerdings erleichtert, indem die dafür geforderte Dauer der Berufserfahrung verkürzt wurde.

Obwohl die Externenprüfung somit seit 40 Jahren die Chance eröffnet, einen qualifizierten Berufsabschluss auf Basis von Berufserfahrungen zu erlangen, wird das Instrument nach wie vor nur eingeschränkt genutzt. Daran hat auch die Lockerung der Zulassungsvoraussetzungen bisher kaum etwas geändert. In den Jahren unmittelbar vor der BBiG-Novellierung nahmen ebenso wie in den nachfolgenden Jahren jeweils um die 25.000 Personen im Jahr an der Externenprüfung teil. Im Jahr 2010 gab es knapp 26.000 Prüfungsteilnehmer (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2011; Bundesinstitut für Berufsbildung 2011) – bei gleichzeitig rund 1,5 Mio. jungen Erwachsenen ohne formale Qualifizierung in Deutschland (Bundesinstitut für Berufsbildung 2011).

Welche Ursachen hinter den geringen Teilnahmezahlen an der Externenprüfung stehen ist weitge-hend unbekannt, was nicht zuletzt darauf zurückgeht, dass die Externenprüfung bislang nur in wenigen Arbeiten (Hecker 1994; Schreiber und Weber-Höller 2011) von der Berufsbildungsforschung thematisiert wurde. Unter anderem fehlen Antworten auf folgende Fragen:

(1) Wie setzt sich die Gruppe der an Externenprüfungen Teilnehmenden (u.a. nach Alter, Geschlecht, Vorbildung) zusammen?

(2) In welchen Berufen werden vorrangig Abschlüsse angestrebt?

(3) Wie groß ist der Anteil derer, denen der Erwerb des angestrebten Berufsabschlusses gelingt?

(4) Von welchen Faktoren wird der Erfolg bei der Externenprüfung beeinflusst?

(5) Welche Motive und Ziele stehen hinter der Teilnahme an der Externenprüfung?

Auf Grundlage der Daten aus der Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (kurz Berufsbildungsstatistik), in der jährlich auch alle von des zuständigen Stellen (Kammern) durchgeführten Externenprüfungen erfasst werden, sollen Antworten auf die ersten vier Fragen gefunden werden. Die Analysen beruhen auf verschiedenen bi- und multivariaten Verfahren (u.a. logistische Regressionen). Da die Berufsbildungsstatistik keine Informationen zu den Motiven und Zielen der externen Prüfungsteilnehmenden enthält, wird zusätzlich eine unlängst vom BIBB durchgeführte Befragung von rund 780 Personen herangezogen, die die Externenprüfung im II. bis IV. Quartal 2010 abgelegt, den Zulassungsantrag gestellt oder dies beabsichtigt haben.

Erkenntnisse über die Personengruppen, die in erster Linie an der Externenprüfung teilnehmen, und deren Beweggründe sind nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht von Interesse, um das Prüfungsgeschehen im System der Berufsausbildung differenzierter abbilden zu können. Sie sind auch für die Berufsbildungspolitik von Bedeutung, insbesondere um die Bereitschaft zur Teilnahme an der Externenprüfung gezielt fördern und darüber den Anteil von jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss verringern, aber auch den formalen Qualifikationsabschluss im höheren Alter unterstützen zu können.

Literaturquellen:

Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.). 2011. Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2011. Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Bielefeld: Bertelsmann.

Bundesministerium für Bildung und Forschung. 2011. Berufsbildungsbericht 2011. Bonn.

Hecker, Ursula. 1994. Ein nachgeholter Berufsabschluß lohnt sich allemal - Externenprüfung in der Praxis. Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis 6(23): 27-33.

Helmrich, Robert, und Gerd Zika (eds.). 2010. Beruf und Qualifikation in der Zukunft. BIBB-IAB-Modellrechnungen zu den Entwicklungen in Berufsfeldern und Qualifikationen bis 2025. Bielefeld: Bertelsmann.

Schreiber, Daniel, und Robin Weber-Höller. 2011. Nachweise bei der Zulassung im Rahmen der Externenprüfung. Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis 5: 43-46.

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