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BBFK 2024

Berufsbildung in Zeiten des Mangels

Handlungserfordernisse
neu denken
9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Abstracts 2012

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Forum 1.2

COoperatives Offenes Lernen (COOL) als Chance für alle?

Von:
Helm, Christoph; Johannes Kepler Universität Linz, Österreich
Altrichter, Herbert; Johannes Kepler Universität Linz, Österreich
Kanape, Anna; Johannes Kepler Universität Linz, Österreich
Wiesinger, Sophie; Fachhochschule Steyr
Neuhauser, Georg; COOL-Impulszentrum Steyr
Wittwer, Helga; COOL-Impulszentrum Steyr
Wimmer, Barbara; Johannes Kepler Universität Linz, Österreich COOL-Impulszentrum Steyr

Session: 1
Zeit: Donnerstag, 05.07.2012, 14:00 - 16:00
Ort: MAW - Mittlerer Saal
Typ: Forum
Downloads: Präsentation als PDF (1), Präsentation als PDF (2), Präsentation als PDF (3)



"Wie verändert(e) das COOL-Modell die Praxis an den österreichischen berufsbildenden mittleren und höheren Schulen und wie beeinflusst es das Lernen_ von Schüler/innen, Lehrer/innen und schulischen Organisationen?"

Das Schwerpunktthema der Konferenz „Neue Lernwelten als Chance für alle“ rückt u.a. Lehr-Lernarrangements in den Mittelpunkt, die alternative Grade an Fremd- und Selbststeuerung aufweisen und den Erwerb überfachlicher Kompetenzen betonen. Ein Bildungskonzept, das sich konkret diesen Forderungen in der Schulpraxis stellt, ist das in Österreich weitverbreitete reformpädagogische COOL-Modell, das von der BHAK Steyr seinen Ausgang genommen hat.

Das Forum geht der Frage nach, wie diese neue Lernwelt das Lernen aller schulischen Akteure (Schüler/innen, Lehrer/innen, Schulnetzwerke, Schulsystem) beeinflusst. Vier Einzelbeiträge ermöglichen einen mehrebenenperspektivischen Blick auf das Modell und zeigen an diesem Beispiel auf, wie Schule gesellschaftlichen Herausforderungen gegenübertreten kann.

Beitrag 1 zeigt an der Entstehungsgeschichte von COOL auf, wie das Anliegen, das durch das Tagungsthema „Neue Lernwelten als Chance für alle“ signalisiert wird, in der berufsbildenden Schul- und Unterrichtsrealität Gestalt gewonnen hat. Wie und mit welchem Erfolg dies auf den unterschiedlichen Akteursebenen gelingt, steht im Zentrum der Beiträge 2 - 4 des Forums. Das Format ist so gewählt, dass den Forschungsbeiträgen 2 und 3 die Perspektive der Praktiker/innen den wissenschaftlichen Analysen der Forschungsfragen vorangestellt ist und so die „Wissenschafts-Praxis-Relation“ der jeweiligen Studien zur Diskussion gestellt werden kann.

Beitrag 1

Das Steyrer COOL-Modell als eine Reaktion auf gewandelte gesellschaftliche und unterrichtliche Bedingungen

Georg Neuhauser und Helga Wittwer, COOL-Impulszentrum Steyr


Das Forum wird von den Modellinitiator/inn/en Georg Neuhauser und Helga Wittwer eröffnet. Ihr Beitrag hebt die gewandelte Gestalt bzw. Situation an den berufsbildenden Schulen hervor, die eine Reaktion der Lehrpersonen und Schulorganisation auf den Plan rief, um Lernen für alle aufrecht zu erhalten. Vor allem an den Handelsschulen wurde diese Problemlage oft als „Brennpunkt sozialer Heterogenität“ bezeichnet:

„Die Heterogenität des Schüler/innenspektrums in Handelsschulen erstreckt sich von begabten Hauptschulabsolventen/innen, die diesen Schultyp als Aufstiegsperspektive betrachten und eine kaufmännische Tätigkeit bzw. eine anschließende weiterführende Ausbildung anstreben, bis zum Polyabsolventen/innen mit negativem Abschluss, die ohne Chance auf eine Lehrstelle die Handelsschule als letzte Option nutzen, um ‚im System zu bleiben’.“ (Aff & Rechberger 2008, S. 41)

Welche Ziele und Strategien die betroffenen Lehrpersonen erprobten, um mit dieser Heterogenität an der Einzelschule erfolgreich umzugehen, wird ebenso berichtet, wie die österreichweite Verbreitung des COOL-Modells durch Lehrgänge, den Aufbau eines Netzwerks der COOL-Community sowie durch die Zertifizierung von Schulen, die bereit waren, förderliche Rahmenbedingungen für COOL zu garantieren. Diese Entwicklung, so wird argumentiert, hat innerhalb weniger Jahre zu Veränderungen im österreichischen berufsbildenden Schulwesen beigetragen; so wird COOL mittlerweile an über 100 Schulen durchgeführt und führte 2006 sogar zu einer Lehrplanreform.

Beitrag 2

Lernen im Steyrer COOL-Modell: erste quantitative Analysen eines Panelprojekts

Christoph Helm und Anna Kanape, Johannes Kepler Universität Linz


Im zweiten Beitrag suchen Christoph Helm und Anna Kanape nach empirischer Evidenz für die Behauptung, dass kooperatives offenes Lernen tatsächlich auch eine Chance für alle Schüler/innen ist.

Dabei wird erstens davon ausgegangen, dass COOL vor allem dann eine echte Chance darstellt, wenn fachliches, soziales und methodisches Lernen anders wahrgenommen, genützt und gefördert wird als im traditionellen Unterricht. In diesem Sinne werden die Lernprozesse der Schüler/innen analysiert.

Zweitens ist aus der ATI-Forschung bekannt, dass ein und derselbe Unterricht auf bestimmte Schülergruppen verschieden wirkt (vgl. Helmke & Weinert 1997, S. 140), daher kann und will auch COOL kein pädagogisches Allheilmittel für alle Schüler/innen sein, sondern differenziert mit Lernbedürfnissen und –voraussetzungen umgehen. In diesem Sinne steht die Analyse COOL-relevanter Lernvoraussetzungen im Zentrum der Aufmerksamkeit.

Da der Forschungsstand zu COOL zwar auf erste Indizien verweist, die eine förderliche Wirkung von COOL vor allem in den affektiven und methodischen Lernzielen vermuten lässt (vgl. bspw. Eder 1999; Altrichter, Helm & Kallinger 2010; Neubauer 2010), gleichzeitig aber auch deutlich macht, dass aussagekräftige Längsschnittsuntersuchungen noch ausstehen, wurde zur Beantwortung der oben angeführten Fragen ein Panelprojekt der Johannes Kepler Universität Linz in Kooperation mit dem Impulszentrum Steyr initiiert. Im Oktober 2011 wurde eine Pilot-Onlinebefragung zur Erhebung lernrelevanter Eingangsvoraussetzungen wie Selbstkonzept, Lernstrategien und Sozialkompetenz sowie eine mathematische Kompetenzerhebung an vier COOL-Schulstandorten in vier Bundesländern Österreichs durchgeführt. 410 Schüler/innen nahmen an dieser, nach dem Versuchs- und Kontrollgruppendesign ausgerichteten Untersuchung teil. Im Frühjahr 2012 wird die 1. Folgeerhebung durchgeführt, die sich auf die Wahrnehmung der Lernumgebung sowie die fachliche Kompetenz in Rechnungswesen und wiederum auf die Sozialkompetenzen konzentriert. Die zwei Messzeitpunkte erlauben erste Antworten auf die oben formulierten Fragen zu geben.

Beitrag 3

Wirkungsweise und Beitrag des COOL-Netzwerks zum Wandel im System

Sophie Wiesinger, Fachhochschule Steyr


Wie konnte es geschehen, dass sich eine einzelschulische Innovationsinitiative einer kleinen Lehrer/innengruppe innerhalb weniger Jahre in Österreich verbreitete? Sophie Wiesinger stellt sich dieser Frage, indem sie COOL, als Beispiel eines schulischen bottom-up Vernetzungsphänomens, aus der Perspektive von Theorien zu interorganisationalen Netzwerken betrachtet und Einsichten aus dem Vergleich betriebswirt- und erziehungswissenschaftlicher Netzwerkliteratur zu gewinnen versucht. Fokus ihres Beitrags ist die Vorstellung ausgewählter Erkenntnisse einer ersten Fallanalyse des COOL-Netzwerks in Hinblick auf Wirkmechanismen, Netzwerkfunktionen und Aufrechterhaltung der Netzwerkinitiative.

Beitrag 4

Das COOL-Netzwerk als Basis einer Initiative zur Entwicklung und Verbreitung von Individualisierung und Differenzierung im Berufsbildenden Schulwesen

Herbert Altrichter, Georg Neuhauser, Barbara Wimmer und Helga Wittwer, Johannes Kepler Universität Linz, COOL-Impulszentrum Steyr, BHAK Steyr, HLW Linz-Landwiedstraße


Im Bereich der Berufsbildenden Schulen Österreichs sollen Impulse zu einer stärkeren Individualisierung und Differenzierung des Lernens gesetzt werden. Lehrer/innenteams aus COOL-Netzwerkschulen wurden eingeladen, in einem zweijährigen Entwicklungsprojekt (1) praktikable Möglichkeiten der Individualisierung an BMHS – ausgehend von ihrem COOL-know how – zu entwickeln und zu erproben sowie (2) Konzepte für die Verbreitung von Strategien der Individualisierung und Differenzierung im Unterricht in ihrem Bundesland zu entwerfen.

In dem vorgeschlagenen Beitrag werden das Projektdesign und seine leitenden Intentionen erläutert. Der Schwerpunkt der Aufmerksamkeit liegt dabei auf der Frage, durch welche Strategien, Instrumente und Rahmenbedingungen eine Individualisierung des Lernens von Lehrpersonen in diesem Projekt (und – in der Folge – in der Lehrer/innenfortbildung) gefördert werden kann. Erste Erfahrungen nach etwa der Hälfte des Projekts, die auf Teilnehmer/innenfeedback und eigenen Beobachtungen beruhen, werden zur Diskussion gestellt.

Literatur

Aff, J. & Rechberger, J. (2008): Explorative Studie zur Evaluierung des HAS-Lehrplans 2003. Studie im Auftrag des Ministeriums für Bildung, Kunst und Kultur, Wien.

Altrichter, H., Helm, C. & Kallinger, B. (2010): Umsetzungsanalyse des Konzeptes HAS NEU Bregenz – eine Schule mit ganztägigem Unterricht. Projektbericht. Linz: Abteilung für Pädagogik und Pädagogische Psychologie. Johannes Kepler Universität.

Eder, F. (1999): Offenes Lernen am BG Dornbirn. Evaluationsbericht. Linz: Institut für Pädagogik und Psychologie.

Helmke, A. & Weinert, F.E. (1997): Bedingungsfaktoren schulischer Leistungen. In: Weinert, F.E. (Hrsg.): Psychologie des Unterrichts und der Schule. (Enzyklopädie der Psychologie. Themenbereich D: Praxisgebiete, Serie 1: Pädagogische Psychologie, Band 3.) Göttingen: Hogrefe, S. 71-176.

Neubauer, M. (2010): Cooperatives Offenes Lernen an Handelsschulen eine empirische Studie der Auswirkungen auf Selbstwirksamkeitserwartungen, Lernstrategien und Einstellungen zur Teamarbeit von Schüler/innen. Dissertation. Wien: Wirtschaftsuniversität.

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