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Berufsbildung in Zeiten des Mangels

Handlungserfordernisse
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9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Abstracts 2012

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Abstract

Nach der Berufsausblidung in die Leiharbeit – und dann? Effekte eines Arbeitsmarkteinstiegs über die Zeitarbeit auf die weitere Erwerbsbiographie

Von:
Buch, Tanja; Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Deutschland

Session: 4
Zeit: Freitag, 06.7.2012, 14:30 - 16:30
Ort: MAW - Seminarraum
Typ: Paper
Downloads: Präsentation als PDF



Auf der zweiten Österreichischen Konferenz für Berufsbildungsforschung haben wir erste Befunde aus unserem Projekt _Schwierigkeiten von Ausbildungsabsolventen an der zweiten Schwelle_ präsentiert. Das Projektthema ist von hoher Relevanz für die Berufsbildungsforschung, da ein Ausbildungsabschluss zwar als wichtigste Zugangsvoraussetzung für den in hohem Maße beruflich strukturierten deutschsprachigen Arbeitsmarkt gilt, der Berufseinstieg aber dennoch auch für Ausbildungsabsolventen nicht risikolos ist (z.B. Konietzka & Solga 2000). Gelingt es jungen Arbeitskräften nicht, die zweite Schwelle problemlos zu passieren, kann dies zu weitreichenden negativen Folgen für die weitere Erwerbsbiographie führen (z.B. Lauterbach & Sacher 2001). Inzwischen dokumentieren erste Veröffentlichungen in der Zeitschrift für Soziologie (Buch et al. 2010) und in der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft (Buch et al. 1011) den Fortschritt der Projektarbeit.

Datengrundlage des Projekts sind ausbildungs- und erwerbsbiographische Informationen aller Absolventen, die in den Jahren 1999 bis 2002 eine betriebliche Berufsausbildung im Saarland erfolgreich abgeschlossen haben. Für das Projekt wurde aus den Integrierten Erwerbs-Biographien (IEB) des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sowie Informationen der regionalen Kammern ein neuer Datensatz generiert, in dem u.a. tagesgenaue Angaben zu Personenmerkmalen (u.a. zum erreichten Schulabschluss sowie zur erzielten Note in der beruflichen Abschlussprüfung), Ausbildungs-, Beschäftigungs- und Arbeitslosigkeitszeiten enthalten sind. Durch die Verknüpfung der Daten verfügen wir über einzigartige Informationen über die Ausbildungsphase von Absolventen und ihren weiteren Erwerbsverlauf. Obgleich das Panel mit dem Saarland nur ein Bundesland abbildet, kann unterstellt werden, dass die Befunde mindestens auch für das gesamte westdeutsche Bundesgebiet Gültigkeit haben (Buch et al. 2011).

Gegenstand der aktuellen Forschungsaktivitäten ist die Leiharbeit, die sich in Deutschland ähnlich wie in Österreich und der Schweiz seit den 1990er Jahren sehr dynamisch entwickelt hat. Gerade unter Erwerbseinsteigern ist die Leiharbeit inzwischen weit verbreitet (CIETT 2011). Dennoch war Leiharbeit an der zweiten Schwelle in unserer Vorstudie (Buch et al. 2010) erstmals Gegenstand der Übergangsforschung. Darin zeigt sich, dass Absolventen mit einer niedrigen Schulbildung und einer schlechten Note in der Berufsabschlussprüfung eine erhöhte Wahrscheinlichkeit haben, nur über die Zeitarbeit in das Erwerbsleben zu finden. Unsere Untersuchung zeigt weiter, dass diese Absolventen ungünstigere Beschäftigungsperspektiven (z. B. in Bezug auf Entgelt, Arbeitslosigkeitsbetroffenheit, Berufswechsel) haben.

Aus Sicht der Übergangsforschung stellt sich die Frage, worauf diese schlechteren Erwerbsperspektiven von jungen Zeitarbeitern zurückzuführen sind. Handelt es sich um einen scarring-Effekt (OECD 1998) der Zeitarbeit selbst oder gehen die schlechteren Erwerbsperspektiven auf die vergleichsweise niedrigere Humankapitalausstattung der betroffenen Absolventen zurück (Jahn 2010)? Mithilfe von Matching-Ansätzen (Propensity score) zeigen wir, dass Absolventen in der Zeitarbeit auch im Vergleich mit einem statistischen Zwilling schlechtere Erwerbsperspektiven haben solange es ihnen nicht gelingt, die Branche zu verlassen. Finden sie aber den Weg in reguläre Beschäftigung, so können sie Nachteile beim Erwerbseintritt mittelfristig ausgleichen.

Neben diesen empirischen Befunden werden mögliche berufsbildungspolitische Implikationen unserer Ergebnisse zur Diskussion gestellt.

*Referenzen*

Buch, Tanja; Wydra-Somaggio, Gabriele; Hell, Stefan (2011): Stigma Hauptschulabschluss? * der Einfluss der Schulbildung auf das Arbeitslosigkeitsrisiko an der zweiten Schwelle. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, Jg. 14, H. 3, S. 421-443.

Buch, Tanja; Burkert, Carola; Hell, Stefan; Niebuhr, Annekatrin (2010): Zeitarbeit als Erwerbseinstieg nach einer dualen Ausbildung. In: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 39, H. 6, S. 447-469.

CIETT. 2011. The agency work industry around the world. 2011 Edition. http://www.ciett.org/fileadmin/templates/eurociett/docs/stats/Ciett_Economic_Report_2011.pdf.

Jahn, Elke J. (2010): Reassessing the pay gap for temps in Germany. In: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Jg. 230, H. 2 (2010), S. 208-233.

Konietzka, D. / Solga, H., 2000: Das Berufsprinzip des deutschen Arbeitsmarktes: ein geschlechtsneutraler Allokationsmechanismus? Schweizerische Zeitschrift für Soziologie 26: 111-147.

Lauterbach, W. / Sacher, M., 2001: Erwerbseinstieg und erste Erwerbsjahre. Ein Vergleich von vier westdeutschen Geburtskohorten. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 53: 258-282.

OECD (1998): OECD Employment Outlook. Paris: OECD.

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