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Abstracts 2014

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Paper

Der Einfluss des Berufs auf non-formales Weiterbildungsverhalten in Deutschland

Von:
Ebner, Christian; WZB, Deutschland

Paper Session: 3
Zeit: Freitag, 04.07.2014, 10:45 - 12:45
Ort: MAW Seminarraum
Typ: Paper



Die soziologische Forschung hat nachgewiesen, dass sich die Teilnahme an beruflicher Weiterbildung in Deutschland erheblich zwischen sozialen Gruppen (Bildung, Alter, Geschlecht, Kinder, Erwerbsstatus), nach betrieblichen Merkmalen (z.B. Betriebsgröße) und aufgrund individueller Motive (z.B. Lernmotivation) unterscheidet (Gillen et al. 2010). Nicht erforscht ist bis dato, welchen Einfluss der ausgeübte Beruf (z.B. Bäcker, Arzt, KFZ-Mechatroniker) auf das individuelle Weiterbildungsverhalten hat. Dies verwundert, da der deutsche Arbeitsmarkt stark beruflich segregiert ist (Marsden 1990) und der Beruf selbst als Quell sozialer Ungleichheit angesehen werden kann (Einkommen, Arbeitsbedingungen etc.). Ziel der Studie ist es daher, erstens zu untersuchen, ob sich die Teilnahme an Kursen und Lehrgängen überhaupt deutlich zwischen Berufen unterscheidet und zweitens – falls dies so ist – diese Unterschiede durch Merkmale des Berufs (typische Tätigkeiten, Tätigkeitsdichte, Regelungen) zu erklären.

Als primäre Datengrundlage dient die erste Welle der Befragung Erwachsener (n = 11.500) im Rahmen des Nationalen Bildungspanels (NEPS). Die zentrale Erhebungsfrage (abhängige Variable) ist, ob Personen während der letzten 12 Monate an einem Kurs/Lehrgang teilgenommen haben. Der Beruf als zentrale unabhängige Variable wird anhand der Klassifikation der Berufe unterschieden. Auf Berufsebene werden insbesondere zwei Aspekte berücksichtigt. Erstens stellt sich die Frage, ob Gesetze oder berufliche Verordnungen („Berufsvorschriften“) Personen dazu veranlassen, sich weiterzubilden. Daher wurden für die häufigsten Berufe in Deutschland entsprechende Regelungen recherchiert und den Berufen im Datensatz entsprechend zugespielt. Zweitens wurde jedem Beruf im Datensatz ein typisches Tätigkeitsbündel zugespielt. So zeichnen sich verschiedene Berufe durch bestimmte Tätigkeitsschwerpunkte (z.B. pflegen, reinigen, produzieren, transportieren, organisieren etc.) aus. Die entsprechenden Informationen wurden anhand der Daten der BIBB/BAuA Erwerbstätigenbefragung 2006 extrahiert. Schließlich wurde für jeden Beruf ebenfalls berechnet, ob das Tätigkeitsspektrum eher breit oder auf bestimmte Tätigkeiten spezialisiert ist. Dies wurde mit Hilfe eines Konzentrationsmaßes (Herfindahl-Index) errechnet.

Als Analysemethode kommt die logistische Mehrebenenanalyse in Frage: Individuen (Level 1) werden hierbei als in Berufe (Level 2) eingebettet angesehen. Als erstes zentrales Ergebnis zeigt sich, dass sich ein erheblicher Teil der Partizipation an beruflicher Weiterbildung über Berufe erklären lässt (rund 15 Prozent [Maßzahl: IntraClass-Correlation – ICC]). Warum unterscheidet sich nun aber die Weiterbildungsteilnahme so deutlich zwischen verschiedenen Berufen? Ein Erklärungsfaktor (mit geringem Effekt) liegt bei beruflichen Weiterbildungsvorschriften. Der größte Erklärungsanteil liegt dagegen im Bereich der beruflichen Tätigkeiten. Gerade Berufe, die sich durch Tätigkeiten wie organisieren und planen, ausbilden und unterrichten, beraten und informieren, pflegen und betreuen, sichern und schützen sowie dem Arbeiten mit Computern auszeichnen, weisen auch eine hohe Weiterbildungspartizipation auf. Eher gering ist die Teilnahme an beruflichen Kursen und Lehrgängen für Berufe mit Schwerpunkt-Tätigkeiten wie herstellen und produzieren, einkaufen und verkaufen oder transportieren und lagern. Der Grad der Spezialisierung in einem Beruf hat nur einen geringen Einfluss auf die Teilnahme an beruflicher Weiterbildung. Mit steigender Tätigkeiten-Spezialisierung erhöht sich die Teilnahme an beruflicher Weiterbildung leicht. Was heißt dies nun für soziale Ungleichheit? Fakt ist, dass Berufe in hohem Maße die Teilnahme an beruflicher Weiterbildung prägen. Es schließt sich die Frage an, wie sich Weiterbildung in einem nächsten Schritt auf die beruflichen Karriere von Personengruppen auswirkt. Es wird daher für die zukünftige Forschung angeregt, die Effekte der beruflichen Weiterbildung auf Einkommen oder berufliche Mobilität ebenfalls differenziert nach Berufen zu modellieren. Daran anschließend lassen sich weitere Implikationen für Interventionen der Sozialpartner oder des Staates ableiten.

Literatur:

Gillen, Julia / Elsholz, Uwe / Meyer, Rita (2010): Soziale Ungleichheit in der beruflichen und betrieblichen Weiterbildung. Arbeitspapier 191. Hans-Böckler-Stiftung. Düsseldorf.

Marsden, David (1990), »Institutions and Labour Mobility: Occupational and Internal Labour Markets in Britain, France, Italy and West Germany«, in: Labour Relations and Economic Performance, hg. von Renato Brunetta und Carlo Dell’Arringa. S. 414–438. London.



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