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BBFK 2024

Berufsbildung in Zeiten des Mangels

Handlungserfordernisse
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9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Abstracts 2014

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Poster

Was ist Vertrauen in der LehrerInnen-SchülerInnen-Beziehung? Antworten aus der LehrerInnen- und SchülerInnenperspektive – eine explorative Studie an höheren kaufmännischen und allgemeinbildenden Schulen

Von:
Grinke, Silke; Universität Graz, Österreich

Paper Session: Postersession
Zeit: Unbekannt
Ort: MAW Großer Saal
Typ: Poster



Vertrauen ist im Alltag allgegenwärtig. Sei es Vertrauen in die Statik eines Hauses oder in die Genießbarkeit von Lebensmitteln. Wie Luhmann es ausdrückt, ist Vertrauen ein Mechanismus zur Reduktion sozialer Komplexität, es reduziert potenzielle Handlungsmöglichkeiten und ermöglicht Individuen oder einem sozialen System somit erst Handlungsfähigkeit (Vgl. Luhmann 2000: 5). Vertrauen wird auch als „Schmiermittel“ für Kooperationen bezeichnet (Arrow 1974: 23) Vertrauen ist in allen zwischenmenschlichen Beziehungen von Bedeutung, wird aufgrund individueller Erfahrungen aber von allen unterschiedlich erlebt. Und genau das macht auch den Reiz dieses Themas aus.

So gehen auch SchülerInnen und LehrerInnen in unterschiedlicher Weise an das Thema heran. So verweisen Tausch/Tausch darauf, dass Erwachsene als negative Ereignisse in ihrer Kindheit oftmals „Erniedrigungen vor der Klasse, Zerstörung von Selbstvertrauen, Unfairness in der Bewertung“ nennen (Tausch/Tausch 1998: 13). Auch neuere Untersuchungen verweisen auf die Abhängigkeit positiver Schulerfahrungen von den pädagogischen Faktoren (Vgl. Bohnsack 2013: 27). Im Rahmen der geplanten Untersuchung geht es um die Bedeutung von Vertrauen in der LehrerInnen-SchülerInnen-Beziehung. Was bedeutet Vertrauen für die SchülerInnen und was für die LehrerInnen innerhalb der Schulgemeinschaft, der Klassengemeinschaft, der LehrerInnengemeinschaft und welchen Stellenwert nimmt es in der Interaktion zwischen LehrerInnen und SchülerInnen ein. Schwerpunkt der untersuchten Schulen bilden höhere und mittlere kaufmännische Schulen (Handelsakademien- und schulen).

Vor diesem Hintergrund stellt sich folgende Forschungsfrage: Was bedeutet Vertrauen aus SchülerInnen und LehrerInnen-Sicht?

Der Begriff Vertrauen umfasst dabei auch die Wertschätzung und Bestätigung der SchülerInnen, „denn der /die Lehrerin traut dem/der Lernenden etwas zu, was er/sie vorher nicht konnte. Er/sie ‚schenkt ihm/ihr Vertrauen’, wie die Alltagssprache formuliert, und das sicher nicht völlig unbegründet, und bestätigt ihn/sie dadurch“ (Bohnsack 2013: 191).

Die Auswertung der Daten erfolgt derzeit mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring (Vgl. Mayring 2008) und orientiert sich an der induktiven Kategorienbildung. Für die Datenerhebung wurden an ausgewählten Handelsakademien und -schulen als auch zum Vergleich an allgemeinbildenden Schulen auf LehrerInnen- als auch auf SchülerInnenseite Leitfadeninterviews durchgeführt.

Bei der Auswahl der Schulen wurden die Leitbilder u.a. auf die Schlagwörter Vertrauen, partnerschaftliche LehrerInnen-SchülerInnen-Beziehung analysiert. Die Auswahl musste allerdings durch die jeweiligen Stadt- und Landesschulräte genehmigt werden und in weiterer Folge konnten erst die einzelnen Direktionen der ausgewählten Schulen kontaktiert werden, wobei sich leider nicht alle ausgewählten Schulen zur Teilnahme bereit erklärten und somit die Auswahl der Schulen auf einen weiter gefassten Radius ausgedehnt werden musste.

Der LehrerInnen-SchülerInnen-Beziehung wird in der Wissenschaft hinsichtlich der Vertrauensintensität bislang wenig Beachtung geschenkt, vor allem im Hinblick auf österreichische berufsbildende Schulen. Es ist denkbar, dass sich die Vertrauensbeziehung im Laufe der Schuljahre an den unterschiedlichen Schulformen verändert und sich durch die Berufsbezogenheit an den Handelsakademien und -schulen anders herausbildet, so dass an den berufsbildenden Schulen die Fachkompetenz durch die Berufsbezogenheit wesentlich mehr in den Vordergrund rückt als an allgemeinbildenden Schulen. Die Vertrauensforschung hat sich in den vergangenen 20 Jahren stark weiterentwickelt blieb aber zunächst lange Zeit unbeachtet. Seit den 1990er Jahren hat sich in den verschiedensten Wissenschaften jedoch eine neue Forschungswelle bemerkbar gemacht, die auch diesen für die geplante Arbeit wichtigen Bereich der LehrerInnen-SchülerInnen-Beziehung in den Mittelpunkt rückt. Hier ist neben Walter Neubauer vor allem der deutsche Forscher Martin Schweer maßgeblich an weiterführenden Untersuchungen beteiligt. Die Untersuchungen in pädagogischen Beziehungen betonen vor allem den Beziehungsaspekt zwischen Lehrenden und Lernenden.

Die geplante Dissertation liefert einen Beitrag zur Wissenschaft, indem sie die Bedeutung von Vertrauen in den Mittelpunkt der LehrerInnen-SchülerInnen-Beziehung rückt. Auch wenn das Interesse nicht sehr stark ausgeprägt ist, kann durch eine vertrauensvolle LehrerInnen-SchülerInnen-Beziehung Motivation und Interesse für die kaufmännischen Fächer überhaupt erst entstehen und wachsen.

Mit ersten Ergebnissen kann zur Posterpräsentation gerechnet werden. Große Teile des Interviewmaterials wurden transkribiert und fließen derzeit in die Auswertung ein.

Das Thema wurde bereits im November 2012 bei der 1. Emerging Researcher Conference der ÖFEB in Linz und im Zuge eines Young Researcher Nachmittages am Vortag des 7. Wipädkongresses 2012 in Graz vorgestellt und diskutiert.



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