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BBFK 2024

Berufsbildung in Zeiten des Mangels

Handlungserfordernisse
neu denken
9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Abstracts 2016

Paper

Subjektive Wahrnehmung von Ausbildungs- und Berufserfolg österreichischer LehrabsolventInnen. Eigenwahrnehmung der Positionierung im Vergleich zu AbsolventInnen weiterführender Schulen. Eine empirische Analyse.

Von:
Winkler, Birgit; ibw - Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft, Österreich

Typ: Paper

Der „Outcome“ von Lehre im Sinne einer (erfolgreichen) Berufseinmündung der LehrabsolventInnen („zweite Schwelle“) ist Gegenstand zahlreicher (deutschsprachiger) Studien (Biffl/Bock-Schappelwein/Huemer 2008; Gesslbauer et al. 2014; Dornmayr/Nowak 2015 u. a.). Verwiesen wird hierbei mitunter auf einen „signifikant positiven Einfluss des Lehrabschlusses auf die Beschäftigungswahrscheinlichkeit der Jugendlichen im Anschluss an die berufliche Ausbildung“ (Biffl/Bock-Schappelwein/Huemer 2008, S. 1). Auch das bildungsbezogene Erwerbskarrierenmonitoring, welches jährlich von Statistik Austria (im Auftrag des Arbeitsmarktservice Österreich und Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) durchgeführt wird, unterstreicht die Bedeutung eines Lehrabschlusses für die Beschäftigungswahrscheinlichkeit, nicht nur was die Einkommenshöhe 18 Monate nach Ausbildungsende, sondern v. a. auch was die (schnelle) berufliche Integration verglichen mit AbsolventInnen anderer Ausbildungswege anbelangt.

Die Zufriedenheit mit der Lehrausbildung und dem beruflichen Werdegang nach Lehrabschluss wird ebenso in zahlreichen (inter-)nationalen Studien in den Blick genommen (BIS Apprenticeship Evaluation 2014, Chisvert/Marhuenda 2012 u. a), insbesondere auch wenn es darum geht, den Wirkungsgrad (erfolgreiche Integration in den Regelarbeitsmarkt etc.) sowie die Qualität des dualen Systems zu evaluieren. Empirisch bislang lediglich am Rande gestreift wurde die subjektive Wahrnehmung von Ausbildungs- und Berufserfolg von LehrabsolventInnen mit Fokus auf einem Vergleich auf interpersoneller Ebene (Wie nehmen die LehrabsolventInnen ihre (beruflichen) Möglichkeiten verglichen mit AbsolventInnen weiterführender Schulen wahr?). Um diesem Umstand Abhilfe zu schaffen, zielt der gegenständliche Beitrag auf die Erforschung der subjektiven Wahrnehmung des Ausbildungs- und Berufserfolgs österreichischer LehrabsolventInnen ab. Der Untersuchungsgegenstand betrifft dabei die folgenden Bereiche:

• Rückblickende Zufriedenheit der LehrabsolventInnen mit Ausbildungsqualität und -inhalten an beiden Lernorten (Berufsschule und Betrieb)

• Zufriedenheit mit dem beruflichen Werdegang (nach Lehrabschluss) und den beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten

• Individueller Vergleich mit gleichaltrigen (ehemaligen) SchülerInnen weiterführender Schulen (Sinnstiftung, Praxisrelevanz, Verdienstmöglichkeiten, gesellschaftliches Ansehen, Weiterbildungsmöglichkeiten etc.)

Die vorliegende Analyse von Ausbildungs- und Berufserfolg österreichischer LehrabsolventInnen mit Schwerpunkt auf der Eigenwahrnehmung der Positionierung der LehrabsolventInnen im Vergleich zu AbsolventInnen weiterführender Schulen (mit oder ohne Matura) gründet auf einer österreichweiten postalischen Befragung von LehrabsolventInnen des Jahres 2013. Der Vergleich der Eigenwahrnehmung von LehrabsolventInnen mit AbsolventInnen weiterführender Schulen beruht auf einer Fragebatterie dieses Fragebogens, im Zuge welcher die LehrabsolventInnen angehalten wurden, ihre Lebenssituation mit jener von gleichaltrigen Bekannten, die eine weiterführende Schule abgeschlossen haben, zu vergleichen. Die Auswertung der Fragebögen (Rücklauf: n = 655 verwertbare Fragebögen), welche im Mai 2015 auf Basis einer einfachen Zufallsstichprobe an LehrabsolventInnen des Jahres 2013 versandt wurden, erfolgte mittels quantitativer Verfahren und beinhaltet Detailanalysen nach Berufsgruppen und weiteren Merkmalsausprägungen.

Die Ergebnisse der Befragung von Österreichs LehrabsolventInnen rund zwei Jahre nach Lehrabschluss unterstreichen (auch rückblickend) den Erfolg des Ausbildungsmodells „Lehrlingsausbildung“, sie deuten aber auch auf Probleme der Lehre hinsichtlich Image und (gesellschaftlicher) Anerkennung hin. Neuartige und spannende Befunde bietet der Vergleich der LehrabsolventInnen mit gleichaltrigen AbsolventInnen weiterführender Schulen. Die befragten LehrabsolventInnen sehen sich in ihrer Eigenwahrnehmung gegenüber AbsolventInnen weiterführender Schulen weitgehend im Vorteil, was das Finden einer angemessenen Arbeitsstelle, den Spaß bei der Arbeit, das Verrichten von sinnstiftenden und abwechslungsreichen Tätigkeiten und die Alltagstauglichkeit des Erlernten anbelangt. Eher benachteiligt im Vergleich mit AbsolventInnen weiterführender Schulen sehen sich die befragten LehrabsolventInnen v. a. in jenen Aspekten, die mit der externen Bewertung/Anerkennung ihrer Arbeit und Ausbildung (Einkommensniveau, gesellschaftliches Ansehen und Weiterbildungsoptionen) zu tun haben.

Um das Ziel einer (angemessenen) gesellschaftlichen Wertschätzung einer Lehrausbildung zu erwirken, wäre ein dementsprechender gesamtgesellschaftlicher Bewusstseinswandel zu forcieren, indem nicht zuletzt die Wertigkeit, Bedeutsamkeit und Wichtigkeit von qualitativ hochwertiger Facharbeit verstärkt in den Fokus des öffentlichen Interesses gerückt wird. Aktuelle Befunde der (Berufs-)Bildungsforschung unterstreichen zudem die Bedeutsamkeit einer abgeschlossenen Berufsbildung (Motor für berufliche Integration/sozialen Aufstieg). Angesichts dessen erschiene es ratsam, neben der Steigerung der Wertigkeit und Qualität der Lehre auch die Ausbildungsbeteiligung und Abbruchsvermeidung politisch in verstärktem Maße zu fördern.



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