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BBFK 2024

Berufsbildung in Zeiten des Mangels

Handlungserfordernisse
neu denken
9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Abstracts 2012

pdfBook of Abstracts 2012

 

Abstract

Förderung sozialer und personaler Kompetenzen in berufsbildenden Schulen

Von:
Kreisler, Mareike; Karl-Franzens Universität Graz, Institut für Psychologie, Österreich
Zug, Ulrike; Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Österreich
Paechter, Manuela; Karl-Franzens Universität Graz, Institut für Psychologie, Österreich

Session: 1
Zeit: Donnerstag, 05.07.2012, 14:00 - 16:00
Ort: FH Saal B
Typ: Paper



Eine wichtige Aufgabe berufsbildender Schulen stellt – neben der Befähigung der Schüler/innen zur Aufnahme und Durchführung eines Studiums – die Vermittlung beruflicher Handlungskompetenz dar. Berufliche Handlungskompetenz inkludiert sowohl fachliche und methodische Kompetenzen als auch soziale und personale Kompetenzen.
Durch die verstärkte Konzentration auf die Förderung sozialer und personaler Kompetenzen in allen (!) Unterrichtsgegenständen (s. Bildungsstandards in der Berufsbildung) kommen besondere Herausforderungen auf die Lehrer/innen und deren Unterricht zu. So stellt sich die Frage, wie Unterrichtsaufgaben gestaltet werden müssen, damit sie zum einen neben fachlichen und methodischen Kompetenzen auch soziale und personale Kompetenzen fördern können und sie zum anderen von den Schüler/inne/n als interessant und motivierend erlebt (vgl. u.a. Selbstbestimmungstheorie der Motivation von Deci & Ryan, 1993, 2000, 2002) und positiv beurteilt werden.
Zusätzlich sollten die Unterrichtsaufgaben weitere Qualitätsmerkmale wie beispielsweise die Passung zum Ausbildungsstand und -ziel, die vielfältige methodische Einsetzbarkeit, die Anwendbarkeit der in der Aufgabe geförderten Kompetenzen – erfüllen, so dass die Aufgaben einen Beitrag zur Qualitätsentwicklung des Unterrichts liefern und auch von Lehrer/inne/n und Expert/inn/en gut bewertet werden. Schließlich sollten die Aufgaben möglichst schulartenübergreifend und in verschiedensten Unterrichtsgegenständen und Schulstufen einsetzbar sein.
Insgesamt wurden 37 derartige Unterrichtsaufgaben entwickelt und einer längerfristigen empirischen Überprüfung (Schuljahre 2010-2012) unterzogen. An dieser nahmen mehr als 60 Lehrer/innen aus 27 Schulen teil, die in rund 100 Testungen die Unterrichtsaufgaben mit ihren jeweiligen Schulklassen durchführten. Anschließend wurden die Aufgaben seitens der Schüler/innen und Lehrer/innen anhand von eigens entwickelten Fragebögen bewertet. Dabei wurden verschiedene Bewertungsdimensionen – wie beispielsweise die Instruktionsqualität, die inhaltliche Relevanz (Berufsbezug), das Kompetenzerleben, die Anwendbarkeit in Beruf, Schule und Alltag – u.a. auf Basis der Interessentheorie (vgl. Prenzel, Kramer & Drechsel, 2002) und der Selbstbestimmungstheorie der Motivation (vgl. Deci & Ryan, 2002) herangezogen. Zusätzlich wurden sämtliche Unterrichtsaufgaben von Expert/inn/en aus dem Bereich der Forschung und/oder Praxis bewertet.
Folgende Forschungsfragen waren im Zusammenhang mit der empirischen Untersuchung federführend:
1) Welche Faktoren haben einen Einfluss auf das Interesse bzw. die Motivation, den Lernzuwachs und die Leistung der Schüler/innen sowie auf deren Beurteilung der Unterrichtsaufgaben?
2) Welche Faktoren haben einen Einfluss auf die Beurteilung der Unterrichtsaufgaben seitens der Lehrer/innen?
3) Inwiefern stimmen die Urteile der Schüler/innen, der Lehrer/innen und der Expert/inn/en überein?

Die Klärung der Fragestellungen soll anhand von Regressions- und Strukturgleichungsanalysen sowie über korrelative Zusammenhangsüberprüfungen bzw. Interraterübereinstimmungen erfolgen. Bisherige Ergebnisse und erste Analysen lassen bereits vermuten, dass auf Schülerseite v.a. die inhaltlichen Relevanz im Sinne von Berufsbezug und die Anwendbarkeit der in der Aufgabe erforderlichen Kompetenzen in Beruf, Alltag und Unterricht einen wesentlichen Einfluss auf motivationale Aspekte bei der Aufgabenbearbeitung und in weiterer Folge auf die Beurteilung des Lernzuwachses, die Leistung und die Gesamtbewertung der Aufgaben haben. Auch auf Lehrerseite sollten u.a. dem Berufsbezug und der Anwendbarkeit eine hohe Bedeutung für die Beurteilung der Qualität der Unterrichtsaufgaben zukommen. Für die Überprüfung der Übereinstimmung der Bewertungen von Schüler/inne/n, Lehrer/inne/n und Expert/inn/en werden mittlere bis – im Idealfall – hohe Übereinstimmungswerte erwartet.
Auf Basis der vollständigen Berechnungen und Ergebnisse soll der Grad der Akzeptanz und der Umsetzbarkeit der Aufgaben im Unterricht geklärt werden. Zudem sollen die Unterrichtsaufgaben anhand der Rückmeldungen verbessert werden und wesentliche Aspekte für die Entwicklung zukünftiger Unterrichtsaufgaben abgeleitet werden. Insgesamt kann die Arbeit als bedeutende Initiative für die flächendeckende Förderung sozialer und personaler Kompetenzen im berufsbildenden Bereich betrachtet werden.

Deci, E.L. & Ryan, R.M. (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik, 39 (2), 223-238.
Deci, E.L. & Ryan, R.M. (2000). The „What“ and „Why“ of Goal Pursuits: Human Needs and the Self-Determination of Behavior. Psychological Inquiry, 11 (4), 227-268.
Deci, E.L. & Ryan, R.M. (2002). Handbook of self-determination research. Rochester: the University of Rochester Press.
Prenzel, M., Kramer, K. & Drechsel, B. (2002). Self-determined and interested learning in vocational education. In K. Beck (Ed.), Teaching - learning processes in vocational education. Foundations of modern training programs (pp. 43-68). Frankfurt: Lang.

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